Zahlreiche Paare in Deutschland tuen es sich unheimlich schwer, eine klare Position zum Thema Kinderwunsch einzunehmen. Die Vorstellung gemeinsam eine Familie zu gründen und das Familienglück zu leben, haben die meisten Paaren, sich aber konkret dafür zu entscheiden, fällt immer noch vielen sehr schwer. Obwohl im Jahre 2015 die Geburtenrate hierzulande mit 1,5 Kindern pro Frau so hoch wie seit über 30 Jahren nicht mehr ist, liegt Deutschland diesbezüglich weit hinter den beispielsweise skandinavischen Ländern zurück. Woran liegt es? Sind wir zu egoistisch, zu ängstlich, zu individualistisch?
Für ein Paar und das Fortbestehen einer Beziehung ist es eine existenzielle und grundlegende Frage. Wenn sich die Partner in dieser Frage nicht einig oder unsicher sind, führt es häufig zu Spannungen und Konflikten in der Partnerschaft. Häufig ist es so, dass die Wünsche, Bedürfnisse und Sorgen, die das Thema Kinderwunsch betreffen, nicht offen angesprochen werden und einer der Partner vor Unsicherheit und damit verbundenen Ängsten ins bodenlose stürzt. Die Beziehung wird dadurch scheinbar grundlos als sehr belastend empfunden. Schlechte Stimmung oder gar Konflikte häufen sich daraufhin und die Partnerschaft gerät in Gefahr.
Eine Patientin aus unserer Praxis, nennen wir sie Frau R., 36 Jahre alt, berufstätig, finanziell abgesichert, lebt seit über 6 Jahren mit ihrem 3 Jahr älteren Partner in einer Eigentumswohnung. Frau R. kam unglaublich traurig, niedergeschlagen und verwirrt zu einem Erstgespräch. Ihr eigentliches Anliegen war, diesen ihr fremden Gemütszustand zu bearbeite und wieder „normal“ zu werden, denn sie erkannte sich in einem solchen Zustand selber nicht mehr wieder. Im Laufe des Gesprächs reagierte Frau R. besonders auf das Thema Kinder und Beziehung sehr sensibel. Sie erzählte, dass Kinder mal ein Thema in der Beziehung war, nun haben sich beide eigentlich schon seit einer längeren Zeit nicht mehr darüber unterhalten und sich mehr oder weniger stillschweigen gegen Kinder entschiedn. Frau R. berichtet zunächst, dass sie die Vorstellung eigentlich okay fand. Sie merke aber, dass sie bei scheinbaren Kleinigkeiten sensibel reagiere, sich unwohl fühle und körperliche Schmerzen empfinde, wenn ihr z.B. eine Freundin berichtet, dass sie schwanger sei oder wenn ihr Lebensgefährte Bemerkungen macht wie „ Neben Beruf, Sport und Hobby passen Kinder ja einfach nicht ins Konzept?!“. Das Thema verbargt offensichtlich ein sehr großes emotionales Potential in Frau R.’s Beziehung, das sie nun bereit war, anzugehen.
In einer Paartherapie hatten beide den nötigen Raum gefunden, um unausgesprochene Wünsche und Ängste zu äußern und gemeinsame Ziele zu formulieren. Es stellte sich heraus, dass das Thema Kinderwunsch für beide eine große Rolle spielte aber keiner der beiden sich getaut hat, die damit verbundenen Bedürfnisse und Befürchtungen auszusprechen, da beide von der falschen Annahme ausgingen, dass sich der jeweils andere keine Kinder wünscht.
Quellenhinweis: Redaktion MVZ Köln für Psychotherapie GmbH Odendahl & Kollegen
Hinweis: Der oben genannte Artikel ersetzt nicht den Besuch beim Psychologen, Arzt oder Therapeuten und ist nicht zur Selbsttherapie/-behandlung geeignet.
Aktualisiert: 16.08.2017