Unterschiedliches sexuelles Verlangen in Beziehungen

Unabhängig von Zeit, Kultur und persönlichen Lebensumständen gibt es in einer Beziehung immer eine/n Partner/in mit schwächerem sexuellen Verlangen sowie einen mit stärkerem sexuellen Verlangen.
Um ein Verständnis für die jeweilige Situation zu erhalten kann eine Veränderung der Perspektive unter Umständen das Selbstbild und das ihres Partners oder ihrer Partnerin verbessern. Eine Veränderung der Selbstwahrnehmung, in Form von schwachem oder starkem Verlangen, kann helfen Gefühle der inneren Abwehrhaltung, Unzulänglichkeit oder das Gefühl sich als „anders“ zu fühlen, besser zu verstehen.

In einer Beziehung kann man den verlangensschwachen und den verlangensstarken Partner als zwei relative Standpunkte betrachten. Aber nicht nur bei Themen, die die Partnerschaft betreffen gibt es eine/n Partner/in mit stärkerem und schwächerem Verlangen. Beide Positionen können je nach Thema unterschiedlich besetzt werden.

Sexuelles Verlangen ist nicht per se schwach oder stark, denn es liegt einem biologischen Trieb zugrunde, aber genauso ist es von Vorerfahrungen und Vorlieben geprägt. Das persönliche Verlangen orientiert sich auch immer an einem Maßstab an dem wir unser Sehnsucht und Begierde messen – an unserem Partner.

Die Dynamik des sexuellen Verlangens in Beziehungen

Ein gesundes oder normales sexuelles Verlangen gibt es so nicht, auch keine richtige Häufigkeit sexueller Aktivitäten. Man sollte es vermeiden, schwaches Verlangen als negative Eigenart anzusehen, diese ist nämlich nicht unabhängig von der Beziehung. Darüber hinaus ist eine Liebesbeziehung vielmehr als das gegenseitige sexuelle Verlangen.
Tatsächlich scheint es so zu sein, dass der/die Partner/in mit dem schwächeren Verlangen immer die Kontrolle über den Sex hat.
Diese Gegebenheit stellt beide Partner/innen wieder auf eine Ebene, weil es den Schwächeren stärkt. Und diese Regel gilt nicht nur für den Sex, denn jene/r Partner/in, der/die in einer konkreten Sache das schwächere Verlangen hat, übt die Kontrolle über Zeit, Ort und Ablauf aus. Der/Die Stärkere muss sich quasi fügen, denn der/die Partner/in mit dem schwächeren Verlangen entscheidet darüber, ob das Ergebnis der Bemühungen positiv ausfällt.

Bezogen auf Sex bedeutet das, dass der oder die verlangensstarke Partner/in in der Regel die sexuelle Aktivität initiiert. Der/die verlangensschwache Partner/in entscheidet darüber, auf welche sexuelle Initiative er eingeht und auf diese Weise wird entschieden, wann es überhaupt zu Sex kommt. Damit hat der/die verlangensschwache Partner/in faktisch die Kontrolle über den Sex. Also ist die Reaktion des verlangensschwachen Partners oder Partnerin letztendlich die entscheidende Instanz wann es zum Sex kommt und diese Kontrolle kann unter Umständen mit der Zeit verstärkt werden.
Jedoch muss der Ursprung des Ganzen nicht unbedingt am sexuellen Verlangen per se liegen, sprich es muss nicht unbedingt etwas falsch laufen.

Das Empfinden sich selbst, dem/der Partner/in und der Beziehung gegenüber ist für ein starkes Verlangen von entscheidender Bedeutung. Das Verlangen zu stärken erfordert mehr, als sexuelle Gewohnheit zu durchbrechen, nämlich auch Intimität, Leidenschaft, Erotik und Respekt vor sich selbst sowie Sympathie dem Partner gegenüber zu schaffen und reif dafür zu sein sich all diesen Dingen zu öffnen.

Quellenhinweis: Schnarch, D. (2016). Intimität und Verlangen. Sexuelle Leidenschaft dauerhaft bewahren. Klett-Cotta: Stuttgart.

Auf der Suche nach

Sexualtherapie?

Wir helfen Ihnen gerne , bei Unklarheiten rufen Sie uns gerne an oder schreiben uns eine E-Mail, wir beraten Sie kostenlos.

Teilen Sie diesen Artikel!